Der Orden des Hl. Lazarus


Afkomstig uit: Religion und Dekoration : Freibischöfe, Neo-Orden, Vagantenpriester / F.W. Haack, München, 1990.


Es ist wohl am sinnvollsten, den Orden des Hl.Lazarus (Lazarusorden) in der Gestalt vorzustellen, wie dies die Zeitschrift “Johanniterorden” (2/1976) in informativer und pregnanter Weise getan hat.
Es kann sein, daß das Lepra-Hospital zwischen dem Tankred-Turm und dem Stefanstor, von dem eine Beschreibung aus dem Jahre 1151 berichtet, als Außenstelle zum Spital des Hl.Johannes gehörte.
“Erste schriftliche Zeugnisse über dieses Lepra-Hospital des Hl.Lazarus und seine Bruderschaft besitzen wir in Abschriften des 13.Jahrhunderts. Wir können aus dieser Uberlieferung folgern, daß um 1130 in diesem Spital eine Gemeinschaft von abendländischen Rittern bestand, die auf die alten, (...) Traditionen zurückgegriffen und diese mit ritterlichen Idealen angereichert hatte. Es kann als gesichert angenommen werden, daß Mitglieder des Templerund Johanniterordens, die an Lepra erkrankt waren, ihre Orden verlassen mußten und Aufnahme im Haus des Hl.Lazarus fanden, wo sie Ideale und Lebensart ihrer angestammten Gemeinschaften herimisch machten und so auf die Gemeinschaft der Aussätzigen prägend wirkten.”
Die Statuten waren vom Patriarchen von Jerusalem ebenso wie vom römischen Papst bestätigt. Die Mitglieder, auf 52 beschränkt, bestanden zuerst nur aus leprösen Rittern, später wurden auch Gesunde aufgenommen, jedoch durfte deren Zahl die der Kranken nicht Übersteigen. Als kämpfende Ritter treten auch die Erkrankten in Erscheinung, soweit es ihre Krankheit zuläßt. Die Ordensregel ist die des Hl.Augustinus, was Papst Innozenz IV. im Jahre 1253 bestatigt.
Der Orden bleibt nicht auf Jerusalem beschränkt. Zu den Burgen im Hl.Land kommen bald Schenkungen. Schloß Boigny bei Orleans, dem Orden 1154 von Ludwig dem VII. von Frankreich verehrt, wird (von Ludwig IX., dem Heiligen, als Baronie mit der hohen und niederen Gerichtsbarkeit ausgerüstet) über das Mittelalter hin zum Ordenshauptsitz.
“Um die gleiche Zeit brachte der Kreuzfahrer Roger de Mowbray den Orden nach England, wo er sich bis nach Schottland ausbreitete.
In Deutschland und der Schweiz entstanden einige Ordenshäuser, die aber insgesamt keine große Bedeutung besaßen und spätestens in der Reformationszeit verloren gingen. Es waren die Kommende Gotha (1229 gegrundet), der Ordenshof Breitenbach/Kreis Worbis (nach 1200), der Ordenshof Braunsrode bei Heldrungen/Eckartsberga (1231), Ordenshof Wackenhausen/Kreis Eisenach (1268), Ordenshof Helmsdorf bei Gerbstedt (1283). Alle diese Höfe unterstanden der Kommende Gotha. Daneben gab es noch eine Kommende in Sangershausen (wohl Anfang des 13.Jh.gegründet) und in Megersheim (Schönauer Hof) in Südhessen (1253), die aber nur em halbes Jahrhundert in der Hand des Ordens blieb. Im Süden bestand die Kommende Schlatt bei Freiburg, die zusammen mit der Kommende Gfenn/Kanton Zdrich (13.Jh.) unter der Aufsicht des Komtur von Seedorf/Kanton Uri (gegr.um 1200) stand.”
 
Nach dem Untergang der Kreuzfahrerherrschaft in Jerusalem (1187) wird Akkon die Ordens-Zentrale. Als Sultan Baibar im Jahre 1291 Akkon erobert, dberlebt das keiner der Ritter des Lazarusordens. Der Generalpräzeptor und Komtur von Boigny wird Großmeister des Ordens. Nach dem Fall von Akkon hat sich der Orden nur noch einmal durch die Ausrüstung von Kriegsschiffen in der Zeit Ludwig des XIV. militärisch engagiert, wenn man von dem 1666 in St.Malo durch Ludwig XIV. etablierten Flottengeschwader des dort umstrukturierten Ordens (s.u.) absieht.
 
Papst Innozenz VIII. gliedert den Lazarusorden wie den Orden vom Hl.Grab 14891 dem Johanniterorden em. Im Königreich Sizilien uberlebt der Orden. Der dortige Zweig hatte sich Boigny nicht unterstellt.
Im Jahre 1517 wurde die Situation in Frankreich durch em Konkordat Franz I. mit dem Papst geklärt; der Großmeister des Lazarus-Ordens wurde als Prälat eingestuft, und der König erhielt das Recht, alle französischen Prälaten zu ernennen. Somit übte der französische König ein Protektorat über den Orden aus, das bis 1791 und dann von 1814-1830 bestand.”
Doch 1517 ersucht auch der König von Sizilien, Kaiser Karl V, Papst Leo X. um eine offizielle Wiederherstellung des Ordens.
Der Großmeister führt den Titel “Großmeister des Ordens des Hl.Lazarus von Jerusalem im Königreich Sizilien und an allen anderen Orten”.
Der Großmeister, der bis dahin in Capua residiert, wird 1572 der Herzog Emmanuel Philibert von Savoyen, der den Lazarusorden mit dem savoye’schen Hausorden des Hl.Mauritius zum Orden des Hl.Mauritius und Lazarus vereinigt (nur Spanien wird ausgenommen) und den Ordenssitz nach Turin verlegt. Das Haus von Savoyen-Piemont hat diese Großmeisterwflrde bis heute inne.
In Frankreich geschieht Ähnliches. 1607 gründet Heinrich IV. den Orden Notre Dame du Mont-Cannel, den er 1608 mit dem Lazarusorden vereinigt, “dergestalt, daß em Großmeister die beiden Würden in Personalunion vereinigte”
Nachdem der Papst den Mitgliedern die Eheschließung erlaubt, ist der Lazarusorden nicht mehr zu den eigentlichen geistlichen Ritterorden zu rechnen.
 
Ludwig XIV. verleiht dann 100 neu gegrundete Kommenden im Jahre 1672 an verdiente Offiziere seiner Armee. 1791 wurde der Lazarusorden, dem seit 1720 nur noch Mitglieder des königlichen Hauses vorstehen durften, in Frankreich aufgehoben. Ludwig der XVIII. bestätigte zwar die Unabhängigkeit des Ordens, trat aber als Großmeister zurück.
 
Der neue Lazarus-Orden
 
Die Revolution von 1830 ließ nur noch die Ehrenlegion als Orden bestehen, woraufhin sich der Orden dem griechisch-melchitischen Patriarchen von Antiochia und Jerusalem unterstellt habe.
Von einer Kontinuität kann hier kaum mehr gesprochen werden, wenn es dann in dem Bericht weiter heißt:
Erst um das Jahr 1930 begann der Orden wieder neue Aktivitäten zu entfalten. Man begann mit der Betreuung von Verletzten und Kranken, entsandte einen Lazarettzug für die Verwundeten des spanischen Bürgerkrieges und betrieb eine Neustrukturierung. Ein spanisches Ordenskapitel berief aus den Inhabern der hier noch vorhandenen erblichen Kommenden Don Francisco de Bourbon, Duque de Sevilla, zum Stellvertreter des Großmeisters (1930). Fünf Jahre später wurde er zum Großmeister gewählt. Der Orden entfaltete eine segensreiche Tätigkeit und erhielt 1940 die staatliche Anerkennung in Spanien. Auch in anderen Ländern Europas begann man sich mit Krankenpflege und -transport zu befassen. Weltweit wurde ein Lepra-Hilfswerk aufgebaut, das sich auf die alten Tätigkeiten des Ordens bezieht.”
1967 ist in Frankreich eine Spaltung zu verzeichnen. 1976 umfaßt der Orden über 2.000 Mitglieder.
 
Es kann jedoch nicht übersehen werden, daß die historische Kontinuität eher ideeller als realer Art ist. Der Orden ist sicherlich keine Schwindel-Gründung, jedoch auch nicht als Orden ungebrochener Tradition und Autorisation zu betrachten. Wie viele der neubelebten Ritterorden hat er sich auf das caritative Schlachtfeld hin orientiert. Das ist für die Menschheit sicherlich von Nutzen. Es wird nicht ganz falsch sein, wenn man sagt: Die Ordenskleider und - Insignien sind eher em recht kleidsamer Ausdruck caritativen Engagements als daß sie als durch Tradition geheiligtes Dekor verstanden werden können. Wenn Mitglieder eines ehemals regierenden Hauses Insignien des Ordens zu festlichen Anlässen tragen, so mag das als Reminiszenz an die Geschichte dieser Familie gesehen werden, so wie auch Titel längst verschwundener Herrschaften zu Namensbestandteilen geworden sind.
 
Lt.Col.Gayre of Gayre & Nigg, der Großkomtur des Ordens, hat sich 1973 (Datum des Vorwortes) der verdienstvollen Aufgabe gewidmet, ein Buch über falsche Orden zu schreiben. Die bibliographischen Angaben des recht informativen Buches (169 Seiten) sind:
The Knightly Twilight - A Glimpse at the Chivalric and Nobiliary Underworld, Valletta/Malta, o.J.
Im Vorwort findet sich der schöne Hinweis:
“There are other organisations which are not strictly bogus Orders, but which, by the pretensions of some of their members, are made on certain occasions tantamount to such. It has been necessary to include these bodies to discuss this aspect, without attributing any dishonest intent to their organisers.”
Dem will sich auch diese Arbeit anschließen.
 
Militärischer und hospitalischer Orden des heiligen Lazarus von Jerusalem
 
Die Adresse des Ordens in Deutschland lautet: Unkeler Str.11, D-5000 Köln 41.
Eine Mitgliederliste des Ordens aus dem Jahr 1975 zeigt nur einen Namen aus dem deutschen Hochadel. Unter Nr. 35 ist verzeichnet:
“Prince (Fürst) Ernst August of Lippe, GCLJ”. Der Fürst ist Großmarschall des Ordens in Deutschland.
Der Orden hat am 2.März 1974 beim Vereinsregister des Amtsgerichts Köln unter der Nr. 6827 ein Lazarus-Hilfswerk in Deutschland e.V. (LHW) eintragen lassen. In der Satzung heißt es:
“2 Aufgaben, Ziele und Abzeichen
2.1. Der (sic!) LHW widmet sich ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen und mildtätigen Zwecken im Sinne der Gemeinnützigkeitsverordnung vom 24.Dez.1953; Seine Aufgaben und Ziele sind:
a) Mithilfe bei Pflege und Betreuung von alten, verletzten und kranken Menschen;
b) humanitäre Hilfe im sozialen oder caritativen Betreuungsdienst;
c) Bekämpfung von Lepra- und Aussatz-Krankheiten;
d) Unterstützung bedürftiger Personen;
e) Unterstützung von privaten und kirchlichen Gemeinschaften, von Organisationen und Behörden, die auf diesen Gebieten tätig sind;
f) Beschaffung der Mittel zur Erffülung dieser Aufgaben;
2.2. Das Abzeichen des LHW ist das grüne, achtspitzige Kreuz auf weißem Grund in Wappenform.”
Bei Vereinsauflösung soll der verbleibende Rest des Vereinskapitals an den Verein “Altenheimstiftung St.Dionysius e.V.” (in Glauel, Kreis Köln) gehen. Die Adresse des Hilfswerkes ist mit der des Ordens identisch.
Die Geschäftsstelle des Lazarus-Hilfswerkes für den Erftkreis hat folgende Adresse: Berrenrather Str.57, D-5030 Hürth-Alstädten, Tel.: 02233/77562 u. 44566. Von der Geschäftsstelle aus werden 1977 in Elsdorf und Kerpen Alte und Kranke mit dem Dienst “Essen auf Rädern” versorgt. Die Geschäftsstelle des Hilfswerkes im Land Hessen ist unter der Adresse Schönberger Weg 12, D-6231 Schwalbach zu finden.

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